Die satanische Irreführung der Gemeinde vor der Wiederkunft Christi

Alan Morrison

Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß (Kolosser 2,8). So warnte der Apostel Paulus die Gemeinde in Kolossä vor geistlichem Abfall und Kompromissen. Seit jeher und bis zum ersten Kommen des Herrn Jesus Christus hielten die satanischen Religionsformen alle Nationen der Welt in spiritueller Knechtschaft. Deshalb bezeichnen Anhänger und Praktizierende des Okkulten ihr Handwerk oft als „Alte Religion“ oder „Alte Weisheitstradition“.

Die heutigen Okkultisten erinnern sich an die Zeiten, als diese Religion weltweit in verschiedenen Formen praktiziert wurde, beispielsweise in Fruchtbarkeitskulten, Schamanismus, Stammeshexerei, Mysterienreligionen, Druidentum usw. Das alttestamentliche Volk Israel entstand im Kontext der Ausbreitung solcher satanischen Einflüsse in den Nationen der Welt. Der Herr heiligte sich aus dieser spirituellen Ausschweifung ein „besonderes Eigentum“ (Exodus 19,5-6). Das Alte Testament berichtet getreulich vom geistlichen Kampf zwischen dem neuen heiligen Volk Israel – das dazu berufen war, Gottes Gesetz zu befolgen – und den umliegenden Völkern, die satanische Religion in Form von falscher Verehrung von Göttern und Göttinnen, Dämonen- und Geisterbeschwörung, ekstatischen Trancezuständen, Tempelprostitution, Sexmagie, Zauberei, Hexerei, Götzendienst, Wahrsagerei usw. praktizierten.

Bibelrunde Magazin

Original:
Alan Morrison, „The Satanic Corruption of the Church as a Result of the Coming of Christ“

Übersetzung ins Deutsche:
Georg Walter

Die zwei großen Prinzipien des geistlichen Lebens

Der geistliche Zustand des von Gott auserwählten Volkes Israel verkam jedoch im Laufe der Zeit immer wieder. Dies verdeutlicht zwei große Prinzipien des geistlichen Lebens, die der Herr uns erkennen und zu eigen machen möchte: Erstens, dass die bloße Einhaltung des Gesetzes des Alten Bundes im besten Fall dazu dienen kann, diejenigen, die danach streben, sich ihrer wesentlichen Mängel und der kollektiven gefallenen Natur der Menschheit schmerzlich bewusst zu machen (Römer 3,19-20), während sie gleichzeitig die innewohnende Unzulänglichkeit dieses Gesetzes, uns wirklich zu heiligen, offenbart (Hebräer 10,1). Zweitens gelangen wir durch das Verständnis dieser Unzulänglichkeit zu der Erkenntnis, dass wir völlige Abhängigkeit von Gott als Erlöser und letztlich von einem göttlichen Vermittler benötigen (Galater 3,19-20), ohne den wir nichts von geistlichem Wert tun können (Johannes 15,5).

Zur Zeit von Jesu irdischem Wirken war die Religionsausübung unter vielen Mitgliedern des Volkes Gottes in Israel so verdorben, dass die geistliche Wahrheit, die dem Volk Israel ursprünglich überliefert worden war, durch die verschiedenen Sekten und Parteiungen, die in der zwischentestamentlichen Zeit in großem Maße vorhanden waren, nicht mehr wiederzuerkennen war. Wenn wir den Zustand Israels untersuchen, in dem der Herr Jesus lebte, stellen wir fest, dass es drei trügerische Hauptgesichtspunkte der falschen Religion gab. Diese liefern uns ein perfektes Paradigma für die Verdorbenheit wahrer Geistlichkeit unter dem Volk Gottes in allen Epochen – insbesondere anwendbar auf die Entwicklungen innerhalb der neutestamentlichen Gemeinde. Der jüdische Historiker Flavius Josephus bezog sich bei der Erklärung des Judentums für die griechischsprachige Welt auf diese drei besonderen philosophischen Gruppen, die er als die Pharisäer, die Sadduzäer und die Essener identifizierte. [Flavius Josephus, Altertümer, Buch XIII, Kapitel 9. Es ist durchaus denkbar, dass diese drei jüdischen Sekten die „drei falschen Hirten“ waren, von denen Sacharja prophezeite, und die vom Messias ,der „der gute Hirte“ war (Johannes 10,11) „vertilgt“ werden würden (siehe Sacharja 11,8 im Kontext.]

Für dieses Buch ist jedoch von größter Bedeutung, dass diese drei Tendenzen nicht nur auf die zwischentestamentlichen Irrtümer der Juden beschränkt sind. Jede von ihnen repräsentiert einen anderen Aspekt religiösen Abfalls, die drei großen religiösen Fallen, die seit Äonen der irdische Ausdruck satanischer Spiritualität sind: Liberal-Humanismus, Legalismus und Okkultismus-Mystizismus. Lassen Sie uns diese drei nun im Detail untersuchen.

1) Die Sadduzäer: Vorbild des liberalen Humanismus

Die Sadduzäer waren eine jüdische aristokratische Elite, die das Judentum eher als „eine tempelzentrierte Religion denn als eine gesetzeszentrierte Lebensweise“ betrachtete (Walter Elwell, Hrsg., Evangelical Dictionary of Theology, Marshall Pickering, 1984, S. 966). Sie glaubten nicht an Auferstehung, Geister oder Engel (vgl. Markus 12,18; Lukas 20,27; Apostelgeschichte 23,8) und beschäftigten sich eher mit der Tempelverwaltung und den Ritualen, während sie ihre politischen Herrscher in Rom durch Diplomatie und Speichelleckerei beschwichtigten.

Diese Sadduzäer waren im Wesentlichen eine humanistische Gruppierung, die zwar an Gott glaubte, aber dessen Eingreifen in die Menschheitsgeschichte leugnete. Ihrer Ansicht nach gibt es daher keine Vorsehung Gottes, kein göttliches Mitwirken im menschlichen Handeln, während Gut und Böse ausschließlich vom freien Willen und der Selbstbestimmung des Menschen abhängen. Sie werden treffend als „loser Zusammenschluss wohlhabender und mächtiger Männer … beschrieben, die in Bezug auf die Nation und ihre Gesetze eine säkular-pragmatische statt einer religiös-ideologischen Haltung einnahmen“ (Walter Elwell, Hrsg., a. a. O.).

Diese Beschreibungen der Sadduzäer weisen eine schöne Parallele zu vielen Führern der heutigen etablierten Kirchen und Gemeinden auf. Sie sind die „Herren, die alles schlucken können“. [Google A.I. beschreibt die „Gentlemen of Wide Swallow“ treffend folgendermaßen: „Personen, oft Geistliche, die in ihren Überzeugungen und Handlungen als flexibel oder opportunistisch wahrgenommen werden und bereit sind, ihre Prinzipien für persönlichen Vorteil oder weltliche Macht zu kompromittieren. Sie werden als bereitwillig an veränderte Umstände und Ideologien anpassbar angesehen, selbst wenn das bedeutet, dass sie ihre Kernüberzeugungen kompromittieren müssen.“] Sie sind die Latitudinarier, die Zauderer, die ihren Glauben an die Auferstehung und das göttliche, wundersame Eingreifen Gottes in die Geschichte nicht bekennen – diejenigen, die Politik spielen und sich mit „Tempelverwaltung“ und Ritualen beschäftigen, anstatt das Wort zu predigen. Sie sind im Wesentlichen säkulare Pragmatiker, die sich eine Nische in einer respektablen Rolle an theologischen Hochschulen und in hohen konfessionellen Ämtern verschaffen. Dies sind die Liberalen, die falschen Professoren, diejenigen, die mit den „Grundsätzen dieser Welt“ statt mit den fundamentalen Wahrheiten der Heiligen Schrift hausieren gehen (Kolosser 2,8), die aber unehrlich genug sind, dies hinter einem Priesterkragen, einer Soutane oder einem kirchlichen Titel zu tun. Sie sind diejenigen, die den Ausdruck „wiedergeboren“ verachten und diejenigen verhöhnen, die bereit sind, für den wahren Glauben einzustehen. Sie sind die modernen „Schlächter der Herde“ (vgl. Sacharja 11,4-7). Dies sind die Merkmale der liberal-humanistischen Religion, wie sie sich in der christlichen Szene manifestiert. Sie ist die erste der drei Hauptformen religiösen Abfalls, die die Gemeinde seit frühester Zeit plagen.

2) Die Pharisäer: Vorbild der Gesetzlichkeit

Gesetzlichkeit wird definiert als „die Tendenz, Buchstaben oder Formen statt dem Geist zu folgen“ (Chambers English Dictionary, Chambers, 1988, S. 816). Jesus betonte diese Einstellung zur Religion, als er zu den Pharisäern sagte:

„Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, dass ihr die Minze und den Anis und den Kümmel verzehntet und das Wichtigere im Gesetz vernachlässigt, nämlich das Recht und das Erbarmen und den Glauben! Dieses sollte man tun und jenes nicht lassen.“ (Matthäus 23,23)

Die Pharisäer waren zweifellos die größten Vertreter von Gesetzlichkeit aller Zeiten. Sie hielten sich an den Buchstaben des mosaischen Gesetzes und betrachteten es nicht als demütigen Weg zur Heiligung, sondern benutzten es als Knüppel, um das einfache Volk zu schlagen. Darüber hinaus fügten sie den von Gott verordneten Vorschriften viele neue hinzu und zwangen andere, sich daran zu halten (Matthäus 23,1-4). Im Gegensatz zu den Sadduzäern glaubten sie jedoch an die Auferstehung von den Toten sowie an Geister und Engel.

In religiösen Dingen besteht immer die Tendenz, geistliche Wahrheiten auf ein bloßes äußeres Bekenntnis und die Einhaltung von Zeremonien zu reduzieren, sofern sie nicht das Ergebnis echter Erneuerung sind. Das gilt heute genauso wie zu Jesu Zeiten. Denn die Pharisäer sind in der gesamten Kirchengeschichte allgegenwärtig. Es sind die Kirchgänger, die sich mehr um den vernachlässigten Glanz der Schuhe anderer kümmern als um den verstockten Zustand ihrer eigenen Seele. Es sind die ständig nörgelnden Heuchler, die in der „Stadt der vorgetäuschten Moral“ statt im „Tal der freien Gnade“ leben. In solchen Kreisen werden echter Gottesdienst und Geisteswirken durch sture Formalität und routinemäßigen Ritualismus ersetzt.

Solche Leute erwarten oft von Ihnen, dass Sie der Verfassung ihrer Kirche oder Gemeinde anstatt dem Wort Gottes unerschütterliche Treue schwören. Sie sind diejenigen, die ihr Tun darauf gründen, weil es ihnen Sicherheit gibt, und nicht, weil der Herr es von ihnen verlangt. Sie sind diejenigen, die andere in ihr Ebenbild verwandeln wollen und nicht in das Ebenbild Christi. Sie sind diejenigen, die innerlich lauwarm und selbstgefällig in ihrem religiösen Wandel sind, aber dazu neigen, öffentlich am lautesten „Amen“ zu sagen. Sie sind diejenigen, deren Regeln auf menschlichen Lehren statt auf Gottes Geboten beruhen. Sie betonen oft den Zorn Gottes und zeigen wenig von seiner Liebe in ihrem Leben. Ihre Religion ist eine orthodoxe Vernunftreligion statt einer geistlichen Herzensfrömmigkeit; und ihr Schwerpunkt liegt oft auf dem umständlichen Erwerb von Lehrwissen auf Kosten der Förderung geistlichen Wachstums und fortschreitender Heiligung. Gesetzlichkeit ist die klinische Praxis, Religion durch ein intellektuelles Lebenserhaltungssystem aufrechtzuerhalten, obwohl sie faktisch betrachtet seelenlos ist.

Für den eifrigen, aber ahnungslosen Christen, kann Gesetzlichkeit (oder Neonomismus, wie er auch genannt wird) große Probleme hinsichtlich seines geistlichen Wachstums verursachen. Ein Autor drückt es so aus: „Gesetzlichkeit untergräbt zweifellos christliche Zuversicht und Freude und neigt dazu, eine egozentrische, übermäßig introspektive Frömmigkeit zu erzeugen“ (S. Ferguson, D.F. Wright, J.I. Packer, The New Dictionary of Theology, IVP, 1988, S. 379). Eine solche Denkweise ist die zweite wichtige Form religiösen Abfalls, der viele, die sich selbst als „Christen“ bezeichnen, verfallen sind und immer noch verfallen.

3) Die Essener: Vorbild okkulter Mystik

Das dritte Beispiel religiösen Abfalls, dem Israel zur Zeit der Ankunft des Messias verfallen war, stellt die extremistische Sekte der Essener dar. Es ist bezeichnend, dass diese Sekte im Neuen Testament nie direkt erwähnt wird – im Gegensatz zu den Pharisäern und Sadduzäern, die in den vier Evangelien eine so prominente Rolle spielen. Vielleicht ist dies typisch für das Mysterium, das die Mystik umgibt. Höchstwahrscheinlich liegt es daran, dass sie nie versuchten, Jesus direkt zu konfrontieren, und dazu neigten, in der Wüste abgeschieden und im Verborgenen zu leben. Es gibt jedoch viele indirekte Hinweise, die äußerst aufschlussreich sind.

Das Wort Essener leitet sich vom ostaramäischen Wort „chasen“ ab, was „die Frommen“ bedeutet (wovon sich auch der Name der modernen orthodoxen jüdischen Chassidim ableitet). Die Sekte der Essener (2. Jahrhundert v. Chr. bis 70 n. Chr.) war ein asketischer, gemeinschaftlich organisierter jüdischer Mönchsorden, der sich als das wahre Israel betrachtete. In mancher Hinsicht ähnelten sie den Pharisäern in Bezug auf Elemente wie rituelle Reinheit und Rechtswahrnehmung; ja, in dieser Hinsicht übertrafen sie die Pharisäer oft! Doch ihre strikte Einhaltung des levitischen Kodex wurde durch viele zusätzliche Werke und Praktiken ergänzt, die im besten Fall einen Verstoß gegen das Gesetz der fünf Bücher Mose und im schlimmsten Fall schlichtweg Zauberei und Aberglauben darstellten.

Sie beteten beispielsweise die Sonne an und beteten inbrünstig zu ihr, bevor sie aufging (J. Hastings (Hrsg.), Dictionary of the Bible, T. & T. Clark, 1898, Bd. I, S. 769); sie benutzten eine Vielzahl magischer und esoterischer Bücher, praktizierten Wahrsagerei und entwickelten eine äußerst ausgefeilte Lehre über Engel und eine Kosmogonie – Ursprung und Entwicklung des Kosmos –, die weit über die biblischen Lehren des Moses hinausging (J. Hastings (Hrsg.), Dictionary of the Apostolic Church, T. & T. Clark, 1915, S. 368). Tatsächlich stammten ihre Lehren über Engel von den Lehren der Magier (Chambers’s Encyclopaedia, George Newnes, 1963, Bd. V, S. 395) und in vielerlei Hinsicht wurden sie zu Vorläufern der Gnostiker und der jüdischen Kabbalisten (ebenda. Die Kabbala ist die alte esoterische jüdische mystische Tradition der Philosophie, die starke Elemente des Pantheismus enthält und mit dem Neuplatonismus verwandt ist, Hutchinson Encyclopedia, 1991, S. 453. Sie ist ein theosophisches System, das enge Verbindungen zum Gnostizismus und auch zu magischen Praktiken aufweist, Macmillan Encyclopedia, 1986, S. 659).

Dieses weithin akzeptierte Wissen, dass die Engellehre der Essener von Magiern übernommen wurde, gewinnt an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass es unter diesen Magiern „eine starke Tradition gab, die die Ausübung priesterlicher und okkulter Kräfte begünstigte“ (Merrill C. Tenney, The Zondervan Encyclopedia of the Bible, 1975, Bd. IV, S. 31). Noch bedeutsamer ist, dass diese Magier „mit bösen Geistern kommunizierten und … mit dem Mesmerismus und allen Praktiken des modernen Spiritualismus bestens vertraut waren“ (G.H. Pember, Earth’s Earliest Ages and their Connection with Modern Spiritualism, Theosophy, and Buddhism, G.H. Lang, o. D., Erstveröffentlichung 1876, S. 162). Die Einflüsse, denen sich die Essener aussetzten, waren also eindeutig okkulter Natur. Tatsächlich handelte es sich um eine mystisch-okkulte Sekte, die magische Praktiken anwandte.

Die falsche Gleichsetzung des Essenertums mit den Lehren Jesu und Johannes des Täufers

Jedoch wurde von Anhängern des Synkretismus (Vermischung der Religionen) und der Förderung von New Age oder anderen falschen Lehren behauptet, das Christentum sei entweder vom Essenertum beeinflusst oder habe sich aus ihm entwickelt. Sie weisen auf einige offensichtliche Ähnlichkeiten zwischen den Lehren Jesu (oder denen Johannes des Täufers) und denen der Essener hin, wie etwa ihre Frömmigkeit, Heiligkeit und Liebe zu Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit. Als bedeutsam wird auch die Tatsache angeführt, dass es keine Aufzeichnungen über direkte Kritik Jesu an ihnen gibt (im Gegensatz zu seiner vernichtenden Behandlung der Sadduzäer und Pharisäer).

Tatsächlich gibt es weitaus mehr Ähnlichkeiten zwischen dem Essenertum und dem späteren Gnostizismus als mit dem wahren Christentum. Eine maßgebliche Quelle drückt es so aus: „Die gelegentlich geäußerten Vermutungen, Johannes der Täufer und sogar Christus selbst hätten Verbindungen zu den Essenern gehabt, sind höchst unwahrscheinlich“ (F.L. Cross & E.A. Livingstone, The Oxford Dictionary of the Christian Church, O.U.P., 1983, S. 471).

Wir wollen daher einige der eklatanten Gegensätze zwischen der Religion der Essener und den geistlichen Prinzipien der Lehren Jesu oder dem Lebensstil Johannes des Täufers auflisten. Anders als die Essener zog sich Jesus nicht zurück und befürwortete auch keinen Rückzug aus der Welt (vgl. Johannes 17,15.18); weder lehnte er die Alten und körperlich Behinderten ab (vgl. Matthäus 12,9-13; 15,30), noch befürwortete er Hass auf seine Feinde, wie die Essener es taten (mehr dazu weiter unten). Er reinigte sich nie, bevor er mit Sündern aß (Matthäus 9,10-13). Er befürwortete oder praktizierte keinen Vegetarismus (Matthäus 14,19) und glaubte nicht, dass Befleckung und Unreinheit von ungereinigter Nahrung, Kleidung und Menschen herrührten (Matthäus 15,11), die alle untrennbar mit dem Leben als Essener verbunden waren. Ihre Bindung an die Reinigungsgesetze war so tief, dass ein Mitglied, das wegen begangener Sünden aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde, die ungereinigte Nahrung der Außenwelt nicht mehr essen konnte und verhungerte (J. Hastings, Hrsg., Dictionary of the Bible, T. & T. Clark, 1898, Bd. I, S. 769).

Die Essener hatten innerhalb ihrer Sekte zudem ein so hoch entwickeltes, wenn auch korruptes System des Elitismus, dass die „fortgeschritteneren“ Mitglieder glaubten, sie würden spirituell verunreinigt, wenn sie mit Novizen in körperlichen Kontakt kamen oder von ihnen zubereitete Nahrung aßen (ebd.). Dies erinnert an das Kastensystem in Indien. Es ist auch wahrscheinlich, dass Jesus sich auf die Essener bezog, als er die rätselhafte Aussage machte: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen‘“ (Matthäus 5,43). Nirgendwo im Alten Testament wird die Idee, seine Feinde zu hassen, als solche vom Gesetz befürwortet (vgl. Levitikus 19,17-18). Es gibt jedoch eine Reihe solcher Hinweise in den 1948 in Qumran gefundenen essenischen Dokumenten (G. Vermes, The Dead Sea Scrolls in English, Penguin Books, 1975, S. 72-73, 91). Ich glaube deshalb, dass die oben in der Bibel aufgezeichnete Aussage von Jesus ein direkter Seitenhieb auf die Essener ist und einen grundlegenden Unterschied zwischen den Essenern und den Lehren Christi darstellt.

Bezüglich der Vorstellung, Johannes der Täufer sei ein Essener gewesen, gibt es viele Unterschiede, die zeigen, dass er mit Sicherheit kein Essener gewesen sein kann. Sein Predigtstil war offen evangelistisch, anders als der der Essener, die eine exklusive und isolierte Gemeinschaft pflegten. Johannes der Täufer bezeichnete Jesus als den Messias, was überhaupt nicht zu den messianischen Erwartungen der Essener passt. Die Essener betrachteten die Jerusalemer Priesterschaft als korrupt und unheilig, während die Familie von Johannes dem Täufer priesterlicher Abstammung war, obwohl er ein Prophet wurde (Lukas 1). Er genoss sogar bei König Herodes hohes Ansehen und einige Pharisäer kamen zu ihm, um sich taufen zu lassen (Markus 6,20; Matthäus 3,5-7). Die Essener waren Vegetarier, aber Johannes trug einen Ledergürtel und aß Heuschrecken (Matthäus 3,4). Ich stelle Ihnen folgende Frage: Angesichts der Tatsache, dass die Essener eine mystisch-okkulte Sekte mit vielen unbiblischen Glaubensvorstellungen und Praktiken waren und gleichzeitig ein gemeinschaftliches Leben in kultischer Exklusivität in der Wüste führten, ist es dann überhaupt wahrscheinlich, dass Johannes der Täufer – der den Weg für den wahren „Herrscher der Welt“, den König der Könige, den Erlöser, den von Gott, dem Vater, gesandten Gottessohn, bereitete – Teil einer solch stark verdorbenen Gemeinschaft kultischer Abtrünniger war? Bitte beantworten Sie diese Frage ehrlich.

Die Mystik, Askese, Esoterik und magische Praxis der Essener stellt die dritte und bedeutendste Form religiöser Degeneration dar, in die die Menschen aufgrund ihrer eigenen verdorbenen Natur und mit Hilfe Satans gestürzt wurden. Jesus warnte ausdrücklich vor denen, die versuchen, die Menschen davon zu überzeugen, der wahre Christus sei in asketischen Sekten oder geheimen Gruppen von Eingeweihten mit ihren esoterischen Codes zu finden – ein Phänomen, das besonders zu erwarten ist, da das Ende des Zeitalters näher rückt (siehe Matthäus 24,23-26). Es ist klar, dass diejenigen, die ihre spirituelle Heimat „in der Wüste“ errichten (sowohl wörtlich, wie viele der Essener-Kommunen, als auch symbolisch, was sich auf jeglichen asketischen Rückzug von der Welt bezieht) oder sich heimlich in „inneren Räumen“ treffen (wie in esoterischen Zirkeln, Geheimgesellschaften oder Kabalen), um verborgene „Wahrheiten“ zu entdecken, keine echten Jünger Christi sein können. Ja, Johannes der Täufer lebte in der Wüste, aber – anders als die Essener – evangelisierte er offen und hielt seine messianische „gute Nachricht“ nicht absolut geheim.

Die oben genannten „drei falschen Hirten“, die sich zu Jesu Zeiten als Sadduzäer, Pharisäer und Essener manifestierten, symbolisieren historisch die religiösen Fallen, in die Satan seit jeher alle spirituellen Bestrebungen und Bewegungen der Menschheit zu drängen versucht. Sie gehörten zu denen, von denen Jesus sagte, „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: wer nicht durch die Tür in die Schafhürde hineingeht, sondern anderswo hineinsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.“ und somit „Diebe und Räuber“ (Johannes 10,1). Innerhalb der Gemeinde war dies eine besonders zerstörerische Angelegenheit, bei der diejenigen, die behaupteten, Christus treu zu sein, Philosophien vertreten, die die Welt nachahmen, geistlose, an Regeln und Gesetze gebundene Tyranneien einführen und sogar zur Einführung in Mystizismus und Zauberei einladen – wie ich in diesem Buch dokumentieren werde.

Die Geschichte zeigt eindeutig, dass die sichtbare Manifestation des Volkes Gottes auf Erden im Laufe der Zeit dazu neigt, in einen oder mehrere der drei oben genannten degenerativen Zustände zu verfallen. Obwohl die satanische Strömung des Liberal-Humanismus in der religiösen Szene noch immer großen Einfluss hat, beschränkt sie sich weitgehend auf die Priesterseminare, Universitäten und etablierten konfessionellen Kirchen. Glücklicherweise ist sie heute durchaus als das erkennbar, was sie ist, und stellt kaum noch eine „Täuschung“ dar, sondern vielmehr einen eklatanten Irrtum! Wie wir später erfahren werden, wurde ihre umfassendste Arbeit jedenfalls im letzten Jahrhundert geleistet, als Vorbereitung auf die katastrophaleren religiösen Entwicklungen der Gegenwart, die ich in vielen Kapiteln dieses Buches darlegen werde. Eine der größten Polemiken gegen den „christlichen“ Liberalismus erschien erstmals 1923 von J. Gresham Machen; und sie bedarf heute keiner weiteren Ergänzung (J. Gresham Machen, Christianity and Liberalism, Eerdmans, 1985).

Gesetzlichkeit als Form religiösen Abfalls kann sehr subtil sein; ironischerweise dringt er am leichtesten in jene christlichen Kreise ein, die sich an den strengen Regeln der biblischen Orthodoxie orientieren. Doch im Vergleich zur dritten Form religiösen Abfalls – dem Okkultismus – ist diese Gesetzlichkeit weniger eine tödliche Bedrohung als vielmehr eine bedauerliche Gefahr. Glücklicherweise gibt es zahlreiche Bücher über die Notwendigkeit von Herzensspiritualität, fortschreitender Heiligung und innerer Heiligkeit im Leben eines Christen, die den vielen Befürwortern bloßer äußerer Religiosität und totem Formalismus angemessen entgegenwirken.

Der spirituelle Schwerpunkt dieses Buches

Obwohl es zahlreiche Streitschriften gegen den Liberalismus und die Gesetzlichkeit gibt, gibt es vergleichsweise wenig, was die Wechselwirkung zwischen Okkultismus und christlicher Kirche im Laufe der Geschichte systematisch darlegt.

Aus diesem Grund wird ein zentrales Thema des Buches die Untersuchung der Geschichte und Entwicklung religiöser Formen des Abfalls sein, die jenen ähneln, die sich in der Lehre und Praxis der Essener manifestierten: nämlich der okkulten Mystik – der kultischen Vorstellung, dass es eine geheime mystische Lehre gibt, in die ein Mensch eingeweiht werden kann und durch die er oder sie zu Gott aufsteigen, „erleuchtet“ werden und so (so behaupten sie) sogar tatsächlich „Gott“ werden kann.

Dieser Aspekt der Weltreligion hat seine Wurzeln eindeutig im Sündenfall im Garten Eden und in der „satanischen Initiation“, die dort vom gefallenen Erzengel Satan eingeführt wurde. Er bildet auch den Impuls für das Wesen aller falschen Religion: den Versuch der „Vergöttlichung“ des Menschen – die Machtergreifung des im Wesentlichen Göttlichen durch den Menschen, die ultimative Verwirklichung der ursprünglichen Lüge.

EPILOG

Zum Abschluss dieses Kapitels möchte ich nur sagen, dass die satanische Religion heute genauso mächtig am Wirken ist wie im Garten Eden – verzweifelt subtil, konzentriert auf kluge Argumente, Philosophien und Ideologien, um das Wort Gottes zu verdrängen; subtil genug, um sogar die Auserwählten zu täuschen, wenn so etwas überhaupt möglich wäre. An der spirituellen Front erleben wir gegenwärtig, sowohl in der sichtbaren Gemeinde als auch in der säkularen Welt, die wachsende Popularität von Okkultismus, Mystik und Zauberei – die in den letzten Jahrtausenden heimlich und trügerisch gewirkt haben. Die säkulare Welt verbindet diese mit den leidenschaftslosen Disziplinen der Wissenschaft und Sophistik und arbeitet nun mit Hochdruck daran, die Existenz des einen wahren Gottes der Bibel zu widerlegen. Innerhalb der weltweit sichtbaren Gemeinde gibt es neben den Einflüssen von Mystizismus und Zauberei weitere stagnierende Strömungen der Weltlichkeit, des Liberalismus und der Gesetzlichkeit – alles darauf ausgerichtet, die Illusion zu fördern, wir seien in Christus nicht vollkommen.

In den folgenden Kapiteln werden wir diese Entwicklungen aus vielen verschiedenen Blickwinkeln untersuchen: Das Wachstum des Gnostizismus und seine Transformation in verschiedene neue Formen, die der jeweiligen Epoche gerecht wurden; die Entwicklung des antiken und modernen Mystizismus in Ost und West; die vielfältigen Werke der Magie und Zauberei; die Launen gottloser wissenschaftlicher Forschung; das gegenwärtige und zukünftige Wachstum des Transhumanismus; die Tiraden des Feminismus; der mentale und emotionale Faschismus der „Geisteswissenschaften“; die Präsenz von New-Age-Lehren in der Welt und in Kirche und Gemeinde (die wahren „New-Age“-Lehren, d. h. die Lehren, die von Theosophen wie Helena Blavatsky, Annie Besant und Alice Bailey initiiert wurden); die eigensinnigen Bewegungen in der sichtbaren Gemeinde, die fälschlicherweise behaupten, das Werk des Geistes zu sein, und der globale Prozess hin zu einem Synkretismus, der Christus widersteht. Nachdem wir all diese und weitere Einflüsse untersucht haben, werden wir erkennen, dass es heute in so vielen verzerrten Bereichen des Lebens und der Arbeit kaum noch Unterschiede zwischen der sichtbaren Gemeinde und der säkularen Welt gibt.

Wir werden auch die Weisheit Salomos kennenlernen, als er seine These aufstellte: „Es gibt nichts Neues unter der Sonne (Prediger 1,9).

Anmerkung

[Der obige Text ist ein Auszug aus der kommenden zweiten Ausgabe von The Serpent & the Cross: Religious Corruption in an Evil Age (Die Schlange und das Kreuz: Religiöser Abfall in einem bösen Zeitalter). Er stammt aus dem einführenden Kapitel 1 mit dem Titel „Die Lüge: Die Quelle der falschen Religion“, das den Rahmen für alle folgenden Kapitel bildet. Dieser Auszug dient als eigenständiger Artikel und stellt den Lesern weitere Inhalte des Buches vor. Eine kleine Informationsbroschüre zum Buch mit Beispielseiten, Inhaltsverzeichnissen, Vorworten, Rezensionen usw. können Sie hier herunterladen:

https://diakrisis-project.com/2025/07/04/pre-publication-information-brochure-for-the-serpent-the-cross-now-available-for-distribution/].

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