Folge dem guten Hirten!

Das Bild des Hirten ist dem Menschen vertraut. Es vermittelt Führung, Orientierung, Sicherheit und Geborgenheit. König Davideinst selbst Schafhirte, leitet den 23. Psalm  mit den Worten ein: Der HERR ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln (Ps 31,1). So wird der Hirte bereits im Alten Testament als Sinnbild für unseren Schöpfergott gebraucht. Und tatsächlich durchwandert der Hirte die gesamte Heilige Schrift, taucht hier und dort in der Heilsgeschichte in Gestalt verschiedener, von Gott ausgesonderter, Personen auf. Denken wir beispielsweise an Melchisedek, Joseph, Mose, Aaron, Josua, Boas, David, Salomo, Serubbabel und einige mehr – allesamt Vorbilder auf ihre Art und Weise auf den einen wahren Hirten, nämlich Jesus Christus.

Inhalt

Denn der Sohn Gottes ist das Endziel aller heilsgeschichtlichen Vorschattungen. So steht geschrieben: Denn von ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge (Röm 11,36), womit uns deutlich gemacht wird, dass in Gottes Heilsplan alles auf den verheißenen Messias zuläuft, dessen Geburt – wie könnte es auch anders sein – ebenfalls Hirten verkündet wurde. Ein Engel vertraute jenen die Gute Botschaft im Beisein Himmlischer Heerscharen und unter Lobpreis zur Ehre Gottes an. Und nachdem sie den Sohn Gottes gesehen hatten, machten sie überall das Wort bekannt, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, verwunderten sich über das, was ihnen von den Hirten gesagt wurde (Lukas 2,17-18). Mit Jesus war nunmehr der gute Hirte geboren, der Knecht Gottes, der Erlöser und Heilsbringer, der zugleich das Opferlamm Gottes sein aber schlussendlich als König der Könige und Herr der Herren auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen würde – ein König-Priester der Gerechtigkeit und des Friedens nach der Weise Melchisedeks, wie es uns David so feierlich nahebringt (Ps 110, 4; Hebr 7, 17).  

Mose - Botschafter und Hirte

Mose war von Gott auserwählt, die Kinder Israels aus der ägyptischen Knechtschaft herauszuführen und ins verheißene Land Kanaan zu geleiten. Dreierlei Funktionen wurden ihm überantwortet, nämlich die Rolle des göttlichen Botschafters, die des Gesetzesübermittlers und die des bevollmächtigten Hirten. Doch Pessimismus und Selbstzweifel plagten Mose. Zum einen galt es, das Volk von seiner Vollmacht zu überzeugen, zum anderen musste er sich dem tyrannischen Pharao entgegenstellen und den feststehenden Willen des Allmächtigen Gottes (hebr. El Schaddai) verkündigen. Mose sah sich zunächst ob seiner Selbsteinschätzung und begrenzten Fähigkeiten überfordert. Doch Gott ermutigte Mose und führte ihm vor Augen, dass Er allein HERR über die Schöpfung ist und somit uneingeschränkte Wirkmacht auf alles und jedes auszuüben vermag. Danach stellte ihm Gott seinen Bruder Aaron zur Seite. Und Mose glaubte in allem Gott und hielt sich an den Unsichtbaren, als sähe er ihn – ein Charakteristikum aller wahren Hirten Gottes (Vergl. Heb 11, 23-29). 

2. Mose 6,12-13
Mose aber redete vor dem Herrn und sprach: Siehe, die Kinder Israels hören nicht auf mich; wie sollte denn der Pharao auf mich hören? Dazu habe ich unbeschnittene Lippen! So redete der Herr mit Mose und Aaron und gab ihnen Befehl an die Kinder Israels und an den Pharao, den König von Ägypten, daß sie die Kinder Israels aus dem Land Ägypten führen sollten.

Beachtenswert ist, dass dem Hirtendienst Mose und seines Bruders Aaron eine umfassende göttliche Gerichtsbotschaft vorausging, die sie als Gesandte Gottes ins Machtzentrum Ägyptens zu überbringen hatten. Weil aber der Pharao das Volk nicht entlassen wollte und sämtliche Warnbotschaften missachtete, schlug Gott das Land mit folgenschweren Plagen – 10 (!) an der Zahl, ein Hinweis auf die Verantwortlichkeit des Menschen gegenüber Gott (Beachte z. B. Die 10 Gebote, das Gleichnis von den 10 Jungfrauen, die 10 Aussätzigen… etc.). Ägypten war ja bekanntermaßen durch und durch in Abgötterei, Okkultismus und Frevel verfangen und somit ein flächendeckendes Territorium satanischer Umtriebe. Die Verstockung des Pharaos symbolisiert hier die maßlose Selbstüberhöhung eines unvollkommenen Menschen in relativer Machtstellung sowie die Starrsinnigkeit und Unbelehrbarkeit des Herzens gegenüber Gott. Das in Knechtschaft gehaltene Volk Israel wiederum steht hier bildlich für alle Menschen in der Welt, die unter der Macht Satans stehen. Erst durch den Schutz des Blutes Jesu Christi und die Macht der Gnade Gottes erfährt der gottgläubige Mensch Erlösung. Das zu jener Zeit eingesetzte Passah ist eine Vorschattung auf das Lamm Gottes Jesus Christus. Es weist auf das Erlösungswerk des Herrn hin, weswegen Israel zu jener Zeit vor dem Gericht verschont blieb.

Josua - Eroberer und Hirte

Vor Einzug in das „Gelobte Land“ übergab Mose den Hirtenstab an den getreuen Josua. Bereits der Name Josua – vom hebräischen Jehóschua abgeleitet – weist auf Jesus Christus hin. Beide Namen bedeuten „der Herr ist Rettung“. Josua war insbesondere damit beauftragt, die Israeliten in Übereinstimmung mit Gottes Vorsatz in das Land der Verheißung zu führen. Als bewährter und hervorragender Kriegsherr nahm er nunmehr die Rolle des Eroberers und Führers ein, unterwarf sukzessive die ansässigen Völker und verteilte schließlich das Land nach Gottes Willen unter die 12 Stämme Israels.

4. Mose 15-17
Und Mose redete mit dem Herrn und sprach: Der Herr, der Gott, der allem Fleisch den Lebensodem gibt, wolle einen Mann über die Gemeinde einsetzen, der vor ihnen aus- und einzieht und sie aus- und einführt, damit die Gemeinde des Herrn nicht sei wie Schafe, die keinen Hirten haben!

Mit der Erschließung des verheißenen Landes war jedoch weder Friede noch Ruhe eingekehrt. Im Gegenteil, die beklagenswerte Geschichte Israels nahm durch allerlei Missachtungen der Göttlichen Ordnungen ihren Lauf. Und obwohl dem Volk Israel die mächtigen Zeichen Gottes anhand der Eroberung der befestigten Stadt Jericho vor Augen geführt wurden, verstieg es sich nach und nach in Querdenkerei und Widerspenstigkeit. Es dauerte nicht lange, da schrie es nach einem König nach der Fasson der umliegenden Heidenvölker. Gott gewährte den Wunsch und ließ Saul vom Propheten Samuel salben. Doch das von Menschenhand erwirkte Königtum Israel scheiterte kläglich – ein Mahnruf, dass Gott die Geschicke seines Bundesvolkes nicht aus der Hand gibt.

David - Hirte, Prophet und König

Denn Israel war bereits als Wurzel des Heilsweges aller Völker gepflanzt (Vergl. Röm 11, 1-16), womit Gott ebenso die Erfüllung der Verheißungen auf den Weg mitbrachte. Und so war David, der Geliebte, der Sohn Isais, der auserwählte Hirte, der nunmehr den Thron Israels auf Geheiß Gottes besteigen sollte. Mit ihm wurde uns eine erstaunliche Vorschattung auf den Herrn Jesus Christus gegeben, freilich in unvollkommener Gestalt. Dennoch weisen viele Lebensumstände und Parallelen auf den Herrn hin. Sei es nun die in Demut erhaltene Salbung als Schafhirte, sein Gottvertrauen im Widerstand gegen seine Feinde (z. B. Kampf gegen Goliath/Sinnbild für Satan), seine Verwerfung, die Stellung als mächtiger Kriegsherr, die Unterwerfung seiner Feinde, die bedingungslose Zertrümmerung ihrer Götzenbilder und die Befestigung seines Königreichs. Dass aber Gott David auch als Prophet gebrauchte, bezeugen die von ihm unter dem Heiligen Geist verfassten Psalmen, durch die sich uns der Geist des Herrn eindrucksvoll offenbart. 
Aber auch sein Sohn Salomo ist ein Vorbild auf Christus. Er trat das vorbereitete Erbe seines mächtigen Vaters an. Exemplarisch sollte nun das 1000-jährige Friedensreich angedeutet werden. Unter seiner Führung wurde der Tempel errichtet, gerechtes Gericht wurde ausgeübt und die ihm gottgegebene Weisheit brachten allerlei Segnungen und großen Wohlstand mit sich. 

2. Samuel 23, 1-2
Und dies sind die letzten Worte Davids: »Es spricht David, der Sohn Isais, es spricht der Mann, der hoch erhoben wurde, der Gesalbte des Gottes Jakobs, der liebliche Psalmdichter in Israel: Der Geist des Herrn hat durch mich geredet, und sein Wort war auf meiner Zunge.

Die Zerstreuung der Schafe

Doch die Tage des geeinten Israel waren bereits gezählt. Denn bedauerlicherweise brachten folgenschwere Missachtungen göttlicher Weisungen Salomo mit fortschreitendem Alter zu Fall. Trotz Mahnungen ließ er nicht von den vielen fremden, heidnischen Frauen ab, die schließlich sein Herz zu anderen Göttern wendeten. Und so tat Salomo, was böse war in den Augen des Herrn, und er folgte dem Herrn nicht völlig nach wie sein Vater David (1. Kö 11,6). Seine schwerwiegende Untreue brachte die faule Frucht des Götzendienstes und schlussendlich die Teilung Israels nach seinem Tod hervor. Fortan war das Land in das 10-stämmige Nordreich Israel und das 2-stämmige Südreich Juda geteilt. Im Nordreich folgte ungeachtet der Zurufe Gottes durch seine Propheten eine beispiellose Aufeinanderfolge „böser Hirten“ – vom ersten König Jerobeam bis zum letzten König Hosea. Die Deportationen nach Assyrien besiegelten schließlich das Verhängnis der 10 Stämme Israels. Die Schafe waren zerstreut und gingen schlussendlich mit der Zeit im Völkermeer auf. Aber auch das Königreich Juda (und der kleine Stamm Benjamin) durchlebte eine ausgesprochen durchwachsene ca. 300-jährige Geschichte. Die Anzahl der „getreuen Hirten“ zwischen dem ersten König Rehabeam und dem letzten König Zedekia lässt sich ohne weiteres an den Händen abzählen. Juda war ebenso von unzähligen Mahnrufen seitens der Heiligen Propheten begleitet. Doch am Ende wurde das Volk auf Gottes Geheiß aus dem Gelobten Land verbannt und ins Exil nach Babylon geschickt. Die beklagenswerte Geschichte Israels führt uns vor Augen, dass der sündige, gottabgewandte Mensch früher oder später seine Macht missbraucht und somit über den anderen zu seinem Schaden herrscht, wie es Salomo so trefflich zur Kenntnis bringt (Pred 8, 9). Aus gutem Grund fleht daher sein Vater David inständig: „O Gott, erlöse Israel aus allen seinen Nöten!“ (Ps 25, 22). 

Der Erlöser - der gerechte Sproß

Und in der Tat, die Erlösung war bereits eingerichtet und tief verwurzelt. Denn Gott ist treu und Er gedenkt auf ewig an seinen Bund, den er mit Abraham geschlossen und an seinen Eid, den er Isaak geschworen hat, für Israel als ewigen Bund (Vergl. Psalm 105, 8-10). So enthüllt der Prophet Jesaja eine Fülle von Gottes Heilsgedanken, die allesamt auf den von Gott vorgesehenen künftigen Erlöser und Hirten Jesus Christus, abzielen. Demnach eröffnet uns der Prophet, dass der „Sproß des HERRN“ als „Schößling“ (hebr. nezer, hängt mit dem Begriff „Nazarener“ zusammen) aus dem Stumpf Isais (Vater von König David) hervorbrechen wird (Jes 4, 2; 11, 1). In etwa hundert Jahre später greift der Prophet Jeremia die Geschlechtslinie auf und verkündet, dass Gott dem David einen gerechten Sproß erwecken wird, der als König regieren und weise handeln und Recht und Gerechtigkeit auf Erden schaffen wird:

Jeremia 23,5
Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da werde ich dem David einen gerechten Sproß erwecken; der wird als König regieren und weise handeln und wird Recht und Gerechtigkeit schaffen auf Erden. 

Fortan taucht der in den Alten Schriften verheißene Messias-König als Hirte auf, ausgestattet mit göttlicher Machtfülle und beseelt mit außerordentlicher Fürsorglichkeit. Außerdem erfahren wir, dass jener die ihm zugedachte Stellung als Lohn empfangen und der Arm Gottes für ihn herrschen wird.  

Jesaja 40,10-11
Siehe, Gott, der Herr, kommt mit Macht, und sein Arm wird herrschen für ihn; siehe, sein Lohn ist bei ihm, und was er sich erworben hat, geht vor ihm her. Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte; die Lämmer wird er in seinen Arm nehmen und im Bausch seines Gewandes tragen; die Mutterschafe wird er sorgsam führen.

Allerdings, weil es während der Babylonischen Gefangenschaft immer wieder zu ernsthaften Vergehen kam, mahnte der von Gott als „Wächter Israels“ eingesetzte Prophet Hesekiel nicht nur das Volk an, sondern rechnete rigoros mit den treulosen Hirten Israels ab, die es schlichtweg ins Elend stürzten. Selbstsucht und Eigennutz kennzeichneten diese treulosen Hirten als „gefräßige Raubtiere“, die sich nicht nur ausbeuterisch am Volk vergingen, sondern ihre gottgegebene Führungsposition rundweg missbrauchten. In Wahrheit waren sie eine von Gott abgewandte und sich selbst weidende polit-religiöse Führerschaft, die über das Volk mit Gewalt und Härte herrschte. Doch Gott lässt uns wissen, dass Er über untreue Hirten solcherart kommen, die Schafe von ihren Händen fordern und sie aus ihrem Maul erretten wird:

Hesekiel 34, 2-10
Menschensohn, weissage gegen die Hirten Israels, … : So spricht Gott, der Herr: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden?
Das Fette verzehrt ihr, mit der Wolle bekleidet ihr euch, und das Gemästete schlachtet ihr, aber die Herde weidet ihr nicht! Das Schwache stärkt ihr nicht, das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verscheuchte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr nicht, sondern mit Gewalt und Härte herrscht ihr über sie!


Und so haben sie sich zerstreut, weil sie ohne Hirten waren, und sind allen wilden Tieren des Feldes zum Fraß geworden und haben sich zerstreut… 


Darum, ihr Hirten, hört das Wort des Herrn! So wahr ich lebe, spricht Gott, der Herr: Weil meine Schafe zum Raub geworden sind, ja, weil meine Schafe allen wilden Tieren des Feldes zum Fraß geworden sind, weil sie keinen Hirten haben und meine Hirten nicht nach meinen Schafen fragen, und weil die Hirten nur sich selbst weiden und nicht meine Schafe, so hört, ihr Hirten, das Wort des Herrn! So spricht Gott, der Herr: Siehe, ich komme über die Hirten, und ich will meine Schafe von ihren Händen fordern und will ihrem Schafeweiden ein Ende machen, und die Hirten sollen nicht mehr sich selbst weiden; denn ich will meine Schafe aus ihrem Maul erretten, daß sie ihnen künftig nicht mehr zum Fraß dienen sollen.

Fürwahr machtvolle Worte, die abermals ganz konkret den maßgeblichen Wendepunkt in Gottes Heilsvorhaben ankündigen. Denn mit dem verheißenen Messias wird der wahre, gute Hirte in Erscheinung treten, der sich unverkennbar von allen bisherigen Führern unterscheidet und auszieht, um nach seinen zerstreuten, verlorenen, verwundeten und verscheuchten Schafen zu suchen, um sie schließlich zurückzuholen, zu verbinden, zu stärken und zu weiden. 

Hesekiel 34,11-16
Denn so spricht Gott, der Herr: Siehe, ich selbst will nach meinen Schafen suchen und mich ihrer annehmen!
Wie ein Hirte seine Herde zusammensucht an dem Tag, da er mitten unter seinen zerstreuten Schafen ist, so will ich mich meiner Schafe annehmen und sie aus allen Orten erretten, wohin sie zerstreut wurden an dem Tag des Gewölks und des Wolkendunkels. Und ich werde sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern zusammenbringen und werde sie in ihr Land führen; und ich werde sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und allen bewohnten Gegenden des Landes… Das Verlorene will ich suchen und das Verscheuchte zurückholen und das Verwundete verbinden; das Schwache will ich stärken; das Fette aber und das Starke will ich vertilgen; ich will sie weiden, wie es recht ist.

Hesekiel 34, 23-24
Ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David; der soll sie weiden, und der soll ihr Hirte sein. Und ich, der Herr, will ihr Gott sein, und mein Knecht David soll Fürst sein in ihrer Mitte; ich, der Herr, habe es gesagt!

Hier bestätigt sich ein weiteres Mal, dass Gott den Erlöser, den gerechten Sproß, aus der Geschlechtslinie Davids erwecken wird. Der nachexilische Prophet Sacharja lässt uns gar wissen, dass der Sproß den Tempel des Herrn bauen wird, und dass er Herrlichkeit als Schmuck tragen und auf seinem Thron sitzen und herrschen wird. Darüber hinaus wird er Priester auf seinem Thron sein und der Rat des Friedens wird zwischen beiden bestehen, womit die König-Priester-Doppelfunktion des künftigen Messias angedeutet wird (Vergl. Sach 6, 12-13). 

Hirte und Lamm Gottes

Als Johannes der Täufer seinen Gottesdienst antrat und Israel zur Umkehr und zur Buße aufrief, wurde er von den Pharisäern eingehend ausgefragt, wer er denn sei und warum er denn taufe. Daraufhin bekannte Johannes, dass er nicht der Christus, sondern die Stimme eines Rufenden in der Wüste sei, um den Weg des Herrn zu ebnen (Jes 40,3). Allerdings unterstrich er auch, dass gerade sie den Herrn nicht kennen oder annehmen würden, obwohl er mitten untern Ihnen stehe (Vergl. Joh 1, 19-28). Die Zeit war also angebrochen, da Gott seine weltumfassende Sichtung aller bußfertigen Menschen auf den Weg brachte – gerade so wie es die Heiligen Propheten lange zuvor angekündigt hatten. Damit wurde das gottgegebene Gesetz unter Mose seiner Erfüllung zugeführt und die Gnade Gottes ins Zentrum des Heilweges gerückt. Aus diesem Grund bekräftigt der Apostel Johannes:  „Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.(Joh 1, 17). Und so überbrachte Gott sein Gnadenangebot der gefallenen Welt durch sich selbst, nämlich in Gestalt seines Sohnes Jesus Christus, des zu Fleisch gewordenen Wortes und Ebenbildes des unsichtbaren Gottes (Vergl. Joh 1,14, Kol 1,15). Die von Gott vorgesehene, jedoch zeitlich begrenzte, Gnadenzeit für alle Völker und Menschen war nunmehr eingeläutet. Der Prophet Jesaja mahnt in diese so bedeutungsvoll schwerwiegende Phase der Menschheitsgeschichte mit folgenden Worten hinein:

Jesaja 55, 6-7
Sucht den Herrn, solange er zu finden ist; ruft ihn an, während er nahe ist! Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Übeltäter seine Gedanken; und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung.“

Als dann Jesus Christus seinen Dienst auf Erden antrat, erkannte Johannes der Täufer die Zeichen der Zeit umgehend, indem er ihm zurief:

Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! (Joh 1, 29).

An anderer Stelle offenbart sich dann Jesus Christus als der erwartete gute Hirte, der sein Leben für die Schafe lässt (Joh 10,11). Hier wird uns abermals die einzigartige und allumfassende Heilsdimension in der Person des Herrn vor Augen geführt: Der Sohn Gottes ist „Opferlamm für unser Sünden“ und zugleich „Hirte unserer Seelen“! Dahingehend ist er ein Gott und ein Mensch in einer Person und zugleich Mittler zwischen Gott und den Menschen. In dieser Rolle hat er sich selbst als Lösegeld für alle gegeben, wie es Paulus im ersten Timotheus-Brief erläutert (Vergl. 1. Tim 2, 5-6). Als Vollkommener und Sündenloser hat er ganz und gar das Menschsein in dieser gefallenen Welt durchlebt. Sein beispielloses Opfer für uns bezeugt seine Vollmacht als „Hirte und Hüter unserer Seelen“Diesbezüglich verkündet Jesaja:

Jesaja 53,4-6
Fürwahr, er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen; wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er wurde um unserer Übertretungen willen durchbohrt, wegen unserer Missetaten zerschlagen; die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden. Wir alle gingen in die Irre wie Schafe, jeder wandte sich auf seinen Weg; aber der Herr warf unser aller Schuld auf ihn.

Jesaja 53,7-12
Er wurde mißhandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut…durch seine Erkenntnis wird mein Knecht, der Gerechte, viele gerecht machen, und ihre Sünden wird er tragen…daß er seine Seele dem Tod preisgegeben hat und sich unter die Übeltäter zählen ließ und die Sünde vieler getragen und für die Übeltäter gebetet hat.

Der Apostel Petrus bringt die eingehende Bedeutung der Korrelation zwischen Opferlamm und Hirte semantisch besonders prägnant und unmissverständlich zum Ausdruck:

1. Petrus 2, 24-25
„Er hat unsere Sünden selbst an seinem Leib getragen auf dem Holz, damit wir, den Sünden gestorben, der Gerechtigkeit leben mögen; durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
Denn ihr wart wie Schafe, die in die Irre gehen; jetzt aber habt ihr euch bekehrt zu dem Hirten und Hüter eurer Seelen.

Im Paulus-Brief an die Korinther erinnert der Apostel an die Verschonung vor dem Gericht Gottes durch das Blut des Passahlammes. Hier schlägt er die Brücke vom Alten zum Neuen Bund und bekräftigt, dass unser Passahlamm Christus ja für uns geschlachtet worden ist (Vergl. 1. Kor 5, 7b). Petrus wiederum verweist in seiner Rede vor dem bekehrten Kornelius auf das heilsgeschichtliche Fundament, wonach alle Propheten Zeugnis von Jesus Christus ablegten, dass jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen Vergebung der Sünden empfängt (Vergl. Apg 10, 43).

Besonders prachtvolle Bilder vom Lamm Gottes liefert uns die apokalyptische Himmelsschau des Offenbarungsbuches. Sein Platz ist der Himmlische Thron. Hier wird uns vor Augen geführt, dass nur das Lamm würdig ist, das Buch der sieben Siegel zu öffnen. Denn Es hat sich als Opfer schlachten lassen und uns für Gott mit seinem Blut aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen erkauft (Vergl. Off 5, 8-14). Das endzeitliche Finale markiert gleichzeitig den Beginn der Ewigkeitszeit unter Neuem Himmel und Neuer Erde mit einem glanzvollen Neuen Jerusalem, das von der Herrlichkeit Gottes – dem Lamm – erleuchtet ist (Off 21)

Folge mir nach!

Solange Gott Gnadenzeit gewährt und Raum zur Umkehr und Buße einräumt, ist die Stimme des guten Hirten zu hören, die da ruft: Folge mir nach! Bereits die ersten Jünger des Herrn spitzten sogleich ihre Ohren, als sie hörten: Folgt mir nach! Und sie ließen alles liegen und stehen und folgten ihm sogleich. Der Zöllner namens Levi (Matthäus) verließ sofort seinen Arbeitsplatz, als er die Stimme des guten Hirten vernahm: Folge mir nach! Als Jesus Christus Philippus fand, sprach er ihn an: Folge mir nach! Wohl unzählige Male forderte Jesus Christus sein Gegenüber direkt und von Angesicht zu Angesicht auf, ihm nachzufolgen. Die Heilige Schrift nennt uns einige erfreuliche aber auch unerfreuliche Reaktionen. Die Widerwilligen mussten frustriert und/oder missmutig zur Kenntnis nehmen, dass die Nachfolgebedingungen nicht verhandelbar sind. Denn Jesus Christus zieht hier unzweideutig die Grenzen, indem er hervorhebt:  Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!“  (Mat 16, 24).

Die Notwendigkeit der Selbstverleugnung ist also gewissermaßen das Fundament der Nachfolge. Die Begründung ist einleuchtend und sollte jedenfalls im Kontext des uns überlieferten Heilsgedankens verstanden und erkannt werden. Sie wird durch zahlreiche geschichtliche Vorbilder, Begebenheiten, Gleichnisse und Erläuterungen begrifflich gestützt. Daher gilt: ein Nachfolger Christi steht faktisch in Opposition zur gegenwärtigen, gottentfremdeten Welt, welcher ja Gott ganz konkret ein Ablaufdatum gesetzt hat. Der Gläubige befindet sich gewissermaßen auf dem Weg der Durchreise. Dies impliziert verständlicherweise auch, kein Teil dieser Welt zu sein oder sein zu wollen, die ja der Herr Jesus Christus explizit für seine Nachfolger überwunden hat. Der Apostel Johannes bringt es auf den Punkt, indem er vor der Liebe zur Welt warnt

 1. Johannes 2,15-17
Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit.

Deshalb sind auch wir aufgerufen, Überwinder dieser Welt zu werden und den uns gottgegebenen Schutzraum des Glaubens stets an der Stimme des guten Hirten auszurichten, um nicht den Anschluss zu verlieren oder gar vom schmalen Weg abzukommen. Denn die Nachfolge Christi ist beileibe kein Spaziergang, sondern in Wahrheit ein Wettlauf gegen allerlei Widrigkeiten und ein Überwindungskampf an vielen verschiedenen Fronten – sei es mit sich selbst und/oder gegen die zahlreichen externen Einflüsse dieser Weltzeit.

Höre! Hört zu! Seht zu! Wacht! Habt acht! Hütet euch! Wehe! Fürchtet euch nicht! Lernt von mir! Glaubt mir! Bittet! Betet!…
 sind allesamt Zurufe eines verantwortungsbewussten, fürsorglichen und liebevollen Hirten, der seine Schafherde zuverlässig durch lebensgefährliches Gelände geleitet, um sie sicher ans Ziel zu bringen. Die immerwährenden Warnrufe dienen daher unserer heilsamen Erkenntnis. Sie sollen uns in Alarmbereitschaft halten, geistlich wachrütteln und die vielgestaltigen Fallen dieser Welt beständig vor Augen führen. – Eine Welt, deren Irrationalität kaum mehr beschreibbar ist und die zusehends dem absoluten Irrwahn verfällt. So signalisiert das rasant um sich greifende heillose Durcheinander und die damit verbundene beispiellose Orientierungslosigkeit, Zerstreuung und Zerrissenheit der Gesellschaft unverkennbar das Schritt für Schritt heranrückende Endzeit-Finale. Im Zuge dessen scheint eine geradezu unaufhaltsam um sich greifende Lügenmatrix ganze Staaten und Völker zu durchdringen, die die Massen schlichtweg gefangen hält – ein gigantisches Medien- und Kontrollnetzwerk, das die Verkehrung und Enttabuisierung grundlegender Schöpfungsordnungen zur „Neuen Wahrheit“ erhoben hat und radikal durchsetzen will (Stichwort: Gender-Ideologie, FrühsexualisierungTranshumanismus, etc.). In welch katastrophalem Zustand die Menschheit am Höhepunkt dieses Wahnsinns sein wird, offenbart uns der gute Hirte einhellig durch das geschriebene Wort Gottes. Wir sollten uns daher strikt von diesem bedrohlichen Zeitgeist abgrenzen, mutig und klar Stellung beziehen und das Evangelium der Gnade Gottes wie eine leuchtende Fackel vor uns hertragen und unseren Mitmenschen zurufen: Kehrt um zu Gott, solange er sich finden lässt!    

Aber auch die Herde bleibt keineswegs vor Attacken verschont, solange der Fürst dieser Weltzeit Satan und seine von unzähligen raubgierigen Wölfen und korrupten Mietlingen flankierten dämonischen Horden ihr Unwesen treiben und ganze Gemeinden aufreiben, um möglichst viele Schafe loszureißen. Mit derartigen Angriffen muss ein Nachfolger Christi heute mehr denn je rechnen, denn fürwahr die Zeit der Behaglichkeit ist endgültig vorbei. Opferbereitschaft, Erduldung von Bedrängnis und Verfolgung sowie leiden oder gar sterben um des Namens Christi willen sind letztlich handfeste Bewährungsproben unseres Glaubens. 

Römer 5, 3-5
Aber nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, weil wir wissen, daß die Bedrängnis standhaftes Ausharren bewirkt, das standhafte Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.

Doch bei all den Unwägbarkeiten rückt der Apostel Paulus die Leiden der jetzigen Zeit ins rechte Verhältnis zum Lohn der Herrlichkeit, die an den Gläubigen geoffenbart werden soll (Röm 8,18). Schließlich beglaubigt der Herr Jesus Christus selbst den unermesslichen Lohn seiner getreuen Nachfolge, dass jeder der um seines Namens willen Entbehrung leistet, hundertfältig empfangen und das ewige Leben erben wird (Vergl.  Mat 19, 29).

Ja, und selbst dann, wenn sich ein Schaf der Herde versteigen sollte und verirrt im Abgrund steht, zurückkehren will und verzweifelt um Hilfe blökt, macht sich der gute Hirte auf und geht dem verlorenen Schaf nach, bis er es findet. Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es auf seine Schulter mit Freuden und verkündet:

Lukas 15, 7 
Ich sage euch, so wird auch Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die keine Buße brauchen!

Ich bin der gute Hirte

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